

“Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.” — So, oder so ähnlich lehrt es uns der besondere Sommer in diesem Jahr. Der Urlaub abgesagt, die lang ersehnte Fernreise storniert — Was nun?! In meinem Fall lautet die Antwort: Nichts wie raus und die Umgebung entdecken. Zu Fuß, mit dem Rennrad und — seit einem verhängnisvollen Besuch im Baumarkt am vergangenen Wochenende — auch mit dem Kajak. Eine meiner ersten Touren führte mich in den kleinen Ort Salem im Naturpark Lauenburgische Seen. Eine gute Autostunde von Hamburg entfernt, findet sich ein kleines Paddlerparadies, in dem ein Hauch von kanadischer Wildnis und malerischem Königssee in der Luft liegen. Ein Bericht von Timo.
Zugegeben, die Dimensionen sind nicht ganz mit den scheinbar endlosen Wäldern im “Cottage Country” Kanadas vergleichbar und auch fehlt die beeindruckende Alpenkulisse vor der sich der Königssee erstreckt. Doch trotzdem fühle ich mich an beide Orte erinnert, als ich mein Auto auf dem kleinen Parkplatz direkt am See abstelle. Was mich hierher führte? Am Vortag hatte ich in einem Anflug von Abenteuerlust im örtlichen Baumarkt der Marzipanmetropole Lübeck, welche ich seit nunmehr 10 Jahren mein Zuhause nenne, ein Kajak erstanden. Eigentlich wollte ich nur schnell ein paar Schrauben kaufen — plötzlich fand ich mich mit einem Kajak im Einkaufswagen auf dem Parkplatz wieder. Schon länger hatte ich überlegt, die Wasserwege meiner Heimatstadt und der näheren Umgebung nicht mehr nur von der Uferseite zu erkunden. Die Tatsache, dass ich mit dem Fahrrad unterwegs war, stellte mich zunächst vor ein kleines Transportproblem — doch wo sollte sich das besser lösen lassen, als in einem Baumarkt? Einige Anstrengungen und viele fragende Blicke der Passanten später, fand ich mich paddelnd auf der Trave wieder. Am nächsten Tag sollte ein gänzlich unbekanntes Gewässer erkundet werden, welches mir von Freunden empfohlen wurde. Beim Morgenkaffee hatte ich noch schnell einen Dachgepäckträger bei eBay Kleinanzeigen gefunden und wenig später auf mein Auto montiert. Dann ging es los — das Boot auf dem Dach — nach Salem bei Ratzeburg.
Raus auf’s Wasser — ab ins Abenteuer
Vom kostenpflichtigen Parkplatz sind es nur wenige Meter bis zur Uferkante. Über einen kleinen Steg können Paddelboote, Kajaks und SUPs problemlos zu Wasser gelassen werden. Wer nicht über eigenes Equipment verfügt, kann sich direkt am See am reichhaltigen Angebot eines Bootsverleihs erfreuen. Ich blicke schon ein wenig neidisch auf das Tretboot in Schwanenform, als ich mein Kajak in das ruhige und glasklare Wasser schubse.
Sollte der Sinn eher nach Entspannung stehen, lädt ein kleiner Badestrand zum relaxen und Planschen ein. Das Restaurant “Das Thomas” bietet Speisen und Getränke sowie bei Bedarf eine Unterkunft für die Nacht. Für Campingfreunde bietet der Natur-Campingplatz Salemer See Stellplätze mit Seezugang. Vom Wasser aus entdecke ich sogar ein modernes Tiny House, welches einladend über dem See thront. Ich hoffe, ich kann in einem der folgenden Beiträge von meiner ersten Übernachtung in diesem minimalistischen Domizil berichten.
Über dreieinhalb Stunden erkunde ich jeden Winkel des 36 Hektar großen Sees und bewundere die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt. Über mehrere kleine und größere Kanäle ist der Salemer See mit anderen Seen in der Umgebung verbunden. Wer viel Ausdauer mitbringt, erreicht sogar den Küchensee und die Inselstadt Ratzeburg. Meine Tour führt mich durch einen Kanal an einem weiteren Campingplatz vorbei bis in den Schalsee. Doch hier muss ich umkehren, der See darf ohne spezielle Genehmigung nicht befahren werde. Außerdem rastet am Eingang des Sees eine Entenmutter mit ihrem flauschigen Nachwuchs auf einem treibenden Baumstamm — die möchte ich nun wirklich nicht stören.
Als ich zurück an Land gehe und das Kajak aus dem Wasser hole, haben sich die Wolken verzogen und der See liegt fast menschenleer vor mir. Ganz so, als wollte er sich für ein paar Abschiedsfotos von seiner besten Seite zeigen. Ich bin beeindruckt von diesem Abenteuer und beschließe, bald wieder zu kommen. Und Du? Worauf wartest Du noch? Vielleicht sehen wir uns ja auf dem Wasser.