

Manchmal ist man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und noch viel öfter muss man sich erst trauen loszulaufen, bevor einen der richtige Ort, wichtige Menschen und die tollsten Ideen finden können. So erging es auch Janine, als sie sich Ende 2019 dafür entschied, voll und ganz ihrem Herzen zu folgen und sich einen lang gehegten Lebenstraum zu erfüllen: ein Leben am Meer. Ein Bericht von Hella.
Einfach mal machen
Inspiriert von einschneidenden persönlichen Veränderungen und müde vom ihr immer lauter erscheinenden Alltag am damaligen Wohnort Viersen, bei Düsseldorf, entschied sich die 35-jährige, ihre Heimat NRW hinter sich zu lassen, um sich am Ort ihrer liebsten Kindheitserinnerungen ein neues Leben aufzubauen. „Ich wollte immer, dass meine Tochter genauso aufwachsen kann, wie ich es durfte. Mit Ruhe, viel Grün und fernab der ganzen Hektik. Das war in unserem alten Leben einfach nicht möglich“, so die Singlemama. Als Art Director in einer Werbeagentur waren ihre Tage lang und der Job keine Lösung auf Dauer. Es musste Veränderung her.
Gedacht, gesagt, getan. Über Kontakte erhielt Janine ein Jobangebot im hohen Norden, an der Schlei. Das Zeichen, welches sie als Startschuss für das Abenteuer Leben in Meeresnähe nahm. Trotz der besonderen Corona-Umstände packte sie ihr altes Leben in Boxen und fuhr pünktlich zum ersten Lockdown ihr Hab & Gut gen Flachland und Ostseestrand. An ihrem neuen Wohnort bei Kappeln angekommen, sah sie sich zunächst unerwarteten Herausforderungen gegenüber. Von ihrem neuen Arbeitgeber auf 0% Kurzarbeit gesetzt, brauchte sie eine Aufgabe, um und nicht an ihren jüngsten Entscheidungen zu zweifeln.
Nordische Kooperationen
Die Kamera im Gepäck, erkundete sie so erstmal ihre neue Heimat an Land und auf dem Wasser. Was sie dabei fotografisch einfing, sind ihre ganz eigenen Eindrücke vom Leben im Norden, welche sie auf Instagram dokumentierte. Das blieb nicht unbemerkt: „Ich bekam plötzlich Anfragen, ob es meine Bilder auch als Postkarten zu kaufen gäbe“, erzählt Janine. „Ich fand die Idee super, konnte die Realisierung allein aber nicht stemmen.“ Einen Partner fand sie schließlich in den Kappelner Werkstätten, einer Institution, die Arbeits- und Bildungsangebote für Menschen mit Behinderungen anbietet. Henning Herges, Business Unit Manager beim Werkstattträger St. Nicolaiheim Sundsacker e.V., war von Beginn an begeistert von der Idee, die Janine ihm vorstellte. „Ich habe‘ ihn einfach angeschrieben und gefragt, ob er sich vielleicht vorstellen könnte Postkarten mit mir zu produzieren. Gefühlte 10 Minuten später saß ich in seinem Büro und wir schnackten über meine Bilder und weitere Ideen“, erklärt sie lachend, „das war schon irgendwie verrückt!“
Oder einfach Schicksal. Denn gemeinsam produzieren die beiden mittlerweile nicht nur Postkarten unterschiedlichster nordischer Themenwelten, sondern auch Emaille Becher und Holz Letterings als Deko Elemente. Die Erweiterung der Kollektion ist in Arbeit, so soll es z.B. in Kürze auch T‑Shirts und Hoodies mit Janines Designs geben. Die Zusammenarbeit basiert dabei auf einem Kooperationsvertrag, so kann jede helfende Hand mit dem Projekt wachsen und der Erfolg wird fair geteilt.
Moingiorno
Was professionell vertrieben wird, braucht natürlich auch einen Namen, was Janine anfangs doch ein wenig Kopfschmerzen bereitet hat. „Ich habe lange überlegt, wie mein kleines Corona-Baby heißen kann“, wie sie ihr neues Label scherzhaft nennt. „Der Name sollte das einfangen, was ich am Leben im Norden so besonders finde. Denn für mich war Strand und Meer noch nie Liegestuhl und 25 Grad warmes Wasser. Es ist vielmehr eine Mischung aus mystischen Stränden, dem Gefühl von Freiheit und einer ordentlichen Brise Wind.“ Die endgültige Eingebung verdankte sie dann ihrer Tochter Amelie, mit der sie seit ihrem Umzug so oft es nur geht am Meer ist. „Bei einem unserer Ausflüge fiel mir auf, dass Amelie mittlerweile wie ein richtig nordisches Mädchen aussieht. Ich hingegen bin eher Typ „la dolce vita“,“ lacht die dunkelhaarige Grafikerin. „Da machte es in meinem Kopf plötzlich „Klick“ und der Name „La Nordisch Vita“ war geboren“. Zusammen mit der Wortfindung „Moingiorno“ bilden die beiden Begriffe nun das Herzstück des jungen Labels und beschreiben ganz nebenbei dieses besondere Gefühl, dass Janine jeden Tag erfüllt, wenn sie schon morgens das Meer sehen kann.
It’s girlpower, baby
In Sachen Organisation hat die einstige Viersenerin ebenfalls tatkräftige Unterstützung. „Sarah schrieb mich eines Tages via Instagram an, da sie begeistert von meinen Einrichtungsstil war“, erklärt Janine. Was als kleines Beratungsprojekt in Sachen Interior begann, wuchs zu einer tiefen Freundschaft und vertrauensvollen Co-Führung ihres nordischen Labels. Ohne Sarah an ihrer Seite hätte Janine den Schritt in die kreative Selbstständigkeit niemals gewagt. „Sarah war sofort Feuer & Flamme das Projekt zu unterstützen. Sie bringt genau die Erfahrungen mit, die mir fehlen, das passt einfach so unfassbar gut zwischen uns.“
Janine kümmert sich ums Kreative, Sarah hingegen hat Zahlen und Fakten im Blick. Selbst Mutter von 3 Kindern, verbringt die Flensburgerin nicht selten die Abend- und frühen Morgenstunden mit Janine am Telefon über Planungen und neuen Ideen. Gemeinsam wollen die beiden Frauen „La Nordisch Vita“ im ganzen Norden und darüber hinaus bekannt machen. Das Besondere an ihrem Label sehen sie hierbei im Zusammenspiel von Vertrautem und dem Neuen im Altbekannten. „Dadurch, dass Janine als Zugezogene mit frischen Augen auf die hiesige Natur, Architektur und das nordische Leben schaut, kreieren wir mit „La Nordisch Vita“ eine Mischung aus windigem Heimatgefühl und rauer Sehnsucht. Damit kann man sich als Tourist, aber auch als Einheimischer identifizieren“, erklärt Sarah.
Zukunftsmusik und Verbundenheit
Aktuell kann man die Produkte der beiden Powerfrauen über den Shop der Kappelner Werkstätten unter kawerk.de beziehen. In Zukunft sollen die Postkarten und Co. aber auch im Einzelhandel zu erwerben sein, das Vertriebsnetz befindet sich aktuell im Aufbau. Bei allen zukünftigen Plänen liegt die Kooperation mit den Kappelner Werkstätten dem nordischen Duo aber besonders am Herzen. „Es ist unfassbar schön zu erleben, wie viel Freude die Menschen hier beim Herstellen unserer Produkte haben. Uns geht jedes Mal das Herz auf, wenn wir sehen, was wir mit dem Verkauf unserer Werke unterstützen.“
Um diese besondere Zusammenarbeit zu feiern, ist im Dezember eine spezielle Weihnachtsaktion geplant.
„La Nordisch Vita“ wird 40 Motive als Kunstdrucke zu einem Festpreis veräußern, die Erlöse der Aktion stecken die beiden Partnerinnen zu 100% in ein von ihnen geschaffenes soziales Projekt, um etwas zurückzugeben. Denn auch das schätzt Janine sehr an ihrer neuen Heimat, das Gefühl von Miteinander. „Norden bedeutet für mich besondere Freundschaften, Zeit für die wichtigen Dinge im Leben und ganz viel Hygge, um unsere dänischen Nachbarn zu zitieren“, zwinkert sie.
Dieses Gefühl kommt uns mehr als bekannt vor.