

60 Kilometer in drei Tagen, 3.000 Meter bergauf und 3.200 bergab. Die Durchquerung des Karwendels in den österreichischen Nordalpen war eine großartige Erfahrung voller unbekannter Herausforderungen, beeindruckender Momente und kulinarischer Hochgenüsse. Dieser Artikel wird die Faszination so manch weiteren Nordlichts für die Berge wecken und dir wertvolle Tipps für deine erste Hüttentour geben. Ein Bericht von Tobi.
Im Anschluss an drei sommerliche Tage mit dem Mountainbike parken wir unser Auto am frühen Morgen nahe des “Infozentrums Naturpark Karwendel” in Scharnitz. Die erste, knapp fünfstündige Etappe unserer dreitägigen Karwendeldurchquerung steht auf dem Plan und wird uns über 19 Kilometer zum Karwendelhaus führen. Auf dem Weg dorthin gibt es keine Einkehrmöglichkeit, Proviant ist also Pflicht. Entlang eines Flusses führt ein gut ausgebauter Forstweg durch das malerische Tal voller Wiesen und Wälder. Das Karwendelhaus eignet sich hervorragend für erste Hüttenerfahrungen: dich erwarten ein uriges Haus in beeindruckender Bergkulisse, sympathische Gastgeber und komfortable Zimmer samt frisch renoviertem Gemeinschaftsbad. Das gastronomische Angebot ist schmackhaft und vielfältig, das Weißbier vom Fass ein echter Genuss. Tipp: nach einer kurzen Stärkung kannst du den Nachmittag hervorragend nutzen, um in einer guten Stunde den Gipfel des Hochalmkreuzes zu besteigen. Die Tour ist für Anfänger herausfordernd, du wirst allerdings mit einem traumhaften Blick und deinem womöglich ersten Gipfelkreuz belohnt.
Ausgeschlafen und gestärkt geht es am zweiten Tag auf die Königsetappe der Tour. Das Ziel ist die 22 Wanderkilometer entfernte Lamsenjochhütte, die fernab der öffentlichen Energie- und Wasserversorgung eindrucksvoll am Fuße der markanten Lamsenspitze thront. Da die Falkensteinhütte auf halbem Weg seit Jahren renoviert wird, bieten das kleine Almdorf Eng Alm (zwei Stunden vor dem Ziel) und die Binsalm (1,5 Stunden vor dem Ziel) die einzigen Einkehrmöglichkeiten. Die letzten Kilometer haben es noch einmal in sich, es gilt etwa 800 Höhenmeter zu überwinden, bis du im schroffen Gelände dein Tagesziel erblickst. Auf einem Schild im Eingangsbereich heißt es
Der Luxus bleibt im Tal, das Erlebnis fängt an. Willkommen auf deiner Alpenvereinshütte.
Genau das haben wir gesucht, in der Lamsenjochhütte gefunden und jeden Moment genossen. Dein Ziel bietet 126 Schlafplätze, Smartphones gilt es am Eingang zentral zu laden, zu festen Essenszeiten steht eine kleine und sehr schmackhafte Auswahl zur Verfügung. Die Waschräume der Lamsenjochhütte sind vergleichsweise klein, Kleidung und Schuhe können im Trockenraum verbleiben. Willkommen im einfachen Leben! Der dritte und letzte Wandertag ist wiederum geprägt vom Abstieg nach Schwaz im Unterinntal. Du erreichst den Ort in knapp drei Stunden, mit der Bahn geht es in 1,5 Stunden via Innsbruck zurück zum Ausgangspunkt in Scharnitz.
Tipp 1: spar’ nicht am Outfit
Ein richtiger Wanderrucksack ist Pflicht, bei drei Tagen solltest du mit 30 Litern auskommen. Falls du unsicher bist, wie häufig du ihn nutzen wirst: bei Decathlon kaufst du solide Rucksäcke bereits für 50,00 Euro. Gleiches gilt für dein Schuhwerk — ein Knöchelschutz macht Sinn, gepolsterte Wandersocken sind ratsam und Einlaufen solltest du das Ganze an Elbe oder Alster, Ost- oder Nordsee ebenfalls. Ich wandere ausschließlich in Sport- und Funktionskleidung und lerne aus unserer Tour, dem Kälteschutz am Oberkörper mehr Priorität einzuräumen. Bis etwa 5 Grad kannst du problemlos mit kurzer Sporthose wandern, das spart Platz und Geld. Dafür gilt nach der Karwendeldurchquerung: ohne richtig gute Regenjacke werde ich keinen Berg mehr besteigen.
Tipp 2: bereite dich vor
Ganz egal, ob du die Karwendeldurchquerung oder eine andere Mehrtagestour ins Auge gefasst hast: gute Vorbereitung ist alles. Schau’ dir deine Route genau an, damit du die Mitnahme von Proviant und Wasser planen kannst. Reserviere die geplanten Hütten, insbesondere wenn du im Privatzimmer anstelle eines Matratzenlagers schlafen möchtest. Überlege dir, wie du den begrenzten Platz im Rucksack effizient nutzt — was muss zwingend mit und was kann zu Hause bleiben? An einer Notfallapotheke mit Blasenpflastern und Schmerztabletten sollte es ebenso wenig mangeln wie an einem schnelltrocknenden Handtuch, dem leichten Hüttenschlafsack oder — ganz wichtig — dem Flachmann für den leckeren Zirbenschnaps.
Tipp 3: achte auf deinen Körper und tu’ ihm Gutes
Eine mehrtägige Hüttentour ist eine großartige Erfahrung, die du allerdings nicht unterschätzen solltest. Ohne regelmäßige sportliche Betätigung in der Heimat solltest du deinem Körper keine Belastung von 60 Kilometern und mehreren tausend Höhenmetern zumuten. Lauf- und Dehnübungen, Fitness und Workouts sind wichtig, um einer für uns Nordlichter ungewohnten Belastung standzuhalten und somit nachhaltig Freude an der Reise zu haben.
Neugierig? Hier findest du alle Links zur Tour
Die gesamte Route kannst du dir in Ruhe auf der Website des Tiroler Tourismusverbandes ansehen. Deine erste Nacht führt dich ins wunderschöne Karwendelhaus, das du hier reservieren kannst. Von dort lohnt sich ein zweistündiger Abstecher zum Gipfelkreuz des Hochalmjochs, entsprechende Infos findest du hier. Die zweite Nacht wird dich auf die beeindruckend gelegene Lamsenjochhütte führen, diese reservierst du hier. Schöne Orte für die Tage rund um deine Tour sind Seefeld, Leutasch und Scharnitz (Startpunkt). Im Anschluss an die Tour wartet das Alpenbad Leutasch mit großartiger Saunawelt auf dich.
Eine großartige Erfahrung liegt hinter uns und ich hoffe, auch dich damit ein wenig neugierig gemacht zu haben. Melde dich bei Fragen jederzeit gerne. Niklas und Tom, Hauke und Felix: es war mir eine Freude, mögen noch viele gemeinsame Touren vor uns liegen. Habedere.