

Es war Liebe auf den ersten Blick. Vorbei an wippenden Getreidefeldern, horizontfüllenden Grünflächen und einem Dutzend 100-Seelen-Dörfern bogen wir dem sonnuntergangsgeweihten Wasser entgegen. Das Ziel: Der Saaler Bodden. Der Plan: fünf Tage Kitesurfen. Der Eindruck: bombastisch unaufgeregt. Ein Bericht von Maxi.
Ihre gut gefüllte Bauchtasche wippt, als sie strahlend auf uns zueilt: „Hallo! Ein Tag, eine Nacht, oder wie wollen wir’s haben?“, fragt die Stellplatzwärterin herzlich. Ein paar willkommenheißende Worte fallen, Geld wechselt die Besitzerin und wir biegen müde, aber erwartungsvoll auf das wasserangrenzende Ackerland. Innerhalb allerkürzester Zeit schließen wir dieses verdammt kleine, ziemlich bunte und ordentlich matschige Stück Land beim Nordmecklenburgischen Saal ins Herz. Die noch in den Abendstunden fröhlich kreisenden Kites auf dem Wasser unterstreichen auf kitschige Weise die perfekte Windvorhersage der nächsten Tage.
Der “Saaler Bodden”: Sexy klingt das nicht. Und, ganz ehrlich, sexy ist das nicht. Das perfekt inszenierte Instagram-Bild mit den meisten Herzen werden wir hier nicht schießen. Zum Glück. Denn uns ist nach massig Ruhe, ordentlich Zeit auf dem Wasser und lockeren Schnackstunden mit Gleichgesinnten. Doch das Bodden-Areal bei Saal lebt nicht nur vom Kitesurfnutzen. Es lebt auch von den herzlichen Menschen, der „Hang Loose“-Mentalität und dem malerischen mecklenburgischen Drumherum.
Nach nur einer Nacht: Man kennt sich.
Wirfst Du einen neugierigen Blick in die illustre Runde, kommen viele Blicke zurück. Durchwachsener könnten sie nicht sein: Da reihen sich die gemütlichen Rentner:innengruppen an die Yuppies und die unaufgeregten Dorfmenschen an die aufgeregten Städter. Während ein paar Mutige dem Wind mit einem Zelt trotzen, ruht sich der Großteil im Wohlfühlhafen des Bullidaseins aus.
Schon nach nur einer regnerischen Nacht und den ersten zaghaften Sonnenstrahlen des anbrechenden Tages kennt man sich auf dem Platz. Man kennt den Oldenburger Unternehmer, der das Kitesurfen in Ägypten lieben lernte; den feierwütigen Berghain-Gänger, der für einen Kitesurf-Kurs einschneite; die übereifrige Lehramtsstudentin, die am liebsten schon gestern mit dem Drachen wild durch die Luft springen möchte. Und man hat sie auf Anhieb alle gern. Teilt die Flasche Wein am nächsten Abend, sitzt im illustren Strandkorb-Bierkreis bis in die Nacht, die Themen gehen nicht aus, der Wein schon.
Was Du von diesem Platz (nicht) erwarten kannst
Ziemlich schnell wird klar: Das hier ist ein perfekt unperfektes Paradies für Kitesurf-Begeisterte aller Könnensstufen. Das unendlich große Stehrevier, die großzügig bemessene Kite-Aufbauzone, der auflandige Westwind und die vielen Gleichgesinnten bieten perfekte Bedingungen. Zusätzlich trumpft die direkt angrenzende Kitesurfschule mit besten Lehrstunden und noch besserem Leihmaterial auf. Und vom gut gemeinten Faceplant bis hin zum beeindruckenden Drölffachsalto zeigen die Surf-Dudes und ‑Deerns, was sie können.
Doch eines ist der Platz nicht: ein Mekka für die Insta- und Liegestuhl-Liebenden unter uns. Schließlich grenzt hier unaufregendes Ackerland an eine unaufregende Bodden-Brühe mit aufregenden Menschen ohne Netzempfang. Ein bisschen Strom gibt es, ein bisschen Klo gibt es, kein bisschen Dusche gibt es. Doch der Preis für das Surfen und Schlafen ist mit 13 Euro pro Nacht kein hoher. Schließlich ist das Plätzchen pragmatisch, praktisch und wunderbar.
Dieses Camp’n’Kitesurf-Gesamtpaket liegt stolze drei Autostunden von Hamburg entfernt. Wer zwischendurch an einem sonnengereiften Strand mit obligatorischen Yoga-Posen beeindrucken möchte, wird in maximal 20 weiteren Autominuten an der naheliegenden Ostsee glücklich. In Prerow zum Beispiel, in Zingst zum Beispiel, in Dierhagen zum Beispiel. Oder man konzentriert sich eben voll und ganz auf das Kitesurfen. Dafür ist der Saaler Bodden beispiellos gut.
Tipps für Deinen Kitesurf-Aufenthalt am Saaler Bodden
Nächtige unbedingt direkt auf dem Gelände! Mit 13€ pro Nacht/Fahrzeug ist es eine preiswerte Angelegenheit, Du kommst mit der Community in Kontakt und kannst sofort auf die Windverhältnisse reagieren. Duschen gibt es ein paar Fahrminuten entfernt am nahegelegenen Hafen.
Packe Dein Fahrrad/Inliner/Skateboard ein! Die gesamte Gegend ist mit sehr gut ausgebauten Radwegen auf flachem Terrain vernetzt. Wer an windlosen Tagen gut drauf ist, umkreist etwa den Saaler Bodden mit einer 62km langen Tour.
Nutze das Angebot der ansässigen Kiteschule! Ob Materialleihe oder Schulungen: Hier gibt es verdammt gute Leistungen zum verdammt guten Preis.